Die Ermordung Uthmans und ihre Ursachen
Uthman schwor bei seiner Wahl als Kalif vor allen Anwesenden in der Moschee, bei Abdurrahman, darauf, dass er nach Brauch des Propheten und den Methoden der beiden Shaykhs handeln werde.1 Nach seiner Wahl ergab sich jedoch alles anders. Uthman handelte weder nach den Brauch des Propheten noch nach den Methoden der vorigen Kalifen. Von seinen Methoden profitierten vor allem die Bani Omayye, die Erzfeinde des Islams. Sie waren glücklich über Uthmans Kalifat. Sie waren auch die Hauptnutzer. Uthman veranstaltete eines Tages ein Fest und lud die Omayyaden ein. An dem besagten Fest war auch Abu Sufyan anwesend. Abu Sufyan war schon immer ein großer Feind des Islams. An diesem Tage äußerte er folgendes:
„Das Kalifat ist wie ein Spielball. Spielt mit dem Ball und lasst keinen anderen daran. Das Kalifat ist ein Regime, wie jedes andere weltliche Regime; ich glaube weder an das Paradies noch an die Hölle.“
Ja! Uthman war von solchen Menschen, mit solchen Gedanken und Charakteren umgeben.
Uthman schenkte bzw. verteilte das Baytulmal ohne jegliche Rücksicht auf das Volk oder seine Verantwortungen. So begünstigte er vor allem seine Verwandten. Diese bevorzugte er auch bei der Vergabe von Regierungsposten, obwohl diese meist ungeeignet waren. Da die Gouverneure und Beamten ihren Aufgaben nicht gewachsen waren, kamen ständig Beschwerdebriefe aus verschiedenen Regierungsgebieten, die oft an die Ashab (Gefährten des Heiligen Propheten) gerichtet waren. Uthman ließ sich jedoch durch die zahlreichen Beschwerden nicht beeinträchtigen, ihm waren diese gleichgültig. Die Gleichgültigkeit und Unachtsamkeit Uthmans gegenüber den Beschwerden machten die Ashab des Propheten sehr zornig, woraufhin sich diese zum Rat versammelten. Letztendlich schrieben sie an Uthman einen Protestbrief über die Untaten seiner Beamten in den Provinzen und drohten ihm mit seiner Entmachtung, wenn er weiterhin nicht auf die Beschwerden reagieren sollte. Als Briefträger beauftragten sie Ummar Yasir. Ummar Yasir war ein älterer und wohlbekannter Sahabi, der beim Propheten sehr beliebt war und hoch geschätzt wurde. Er überbrachte den Brief an Uthman. Als er den Brief las, konnte er sich vor Zorn und Wut nicht mehr einkriegen. Daraufhin zerriss er den Brief und warf diesen weg. Er befahl seinen Knechten den alten Mann zu prügeln und trat ihn sogar selbst, sodass der Mann bewusstlos auf den Boden fiel. Dieses Ereignis verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Medina und in den Provinzen, es sorgte für Aufregung und Wut bei der gesamten Bevölkerung. Zur selben Zeit verbannte Uthman Abuzar (ein berühmter Sahabi) aus Medina und schickte ihn nach Damaskus (sogenannte Shamat). Überall, wo Abuzar ankam, entlarvte er die Taten Uthmans. Er erzählte und erklärte den Menschen, dass die Taten Uthmans weder dem Brauch des Propheten, noch den Methoden der gestorbenen Shaykhyn (die beiden vorherrschenden Kalifen) entsprachen.
Im Shamat regierte Muaviya. Muaviya war mit Uthman verwand. Er war einer der Gouverneure, die von Umar eingesetzt wurden. Muaviya war auch derjenige, der Uthman mit einem Brief über die Ereignisse und Erzählungen Abuzars informierte. Daraufhin befahl Uthman in seinem Antwortbrief, dass Abuzar auf einem Kamel (ohne Sattel) qualvoll nach Medina geschickt werden sollte. So geschah dies dann auch.
Als schließlich Abuzar in Medina ankam und direkt zu Uthman geführt wurde, sagte dieser zu ihm:
„Ich habe gehört, dass du überall die Menschen gegen mich aufhetzt.“ Daraufhin antwortete Abuzar: „Was ich erzählt habe, waren doch reine Wahrheiten.“ Diese Antwort gefiel Uthman gar nicht, er erwiderte: „Was geht dich das an?“ Abuzar wiederum antwortete: „Ich bin ein Muslim und tat nichts anderes als meine Pflicht als Muslim. Gutes gebieten und schlechtes verwehren gehört doch zu meiner Religion.“
Uthman war gegen Abuzar nicht gewachsen. Bald darauf verbannte er Abuzar nach „Rabaza“, einer mörderischen Wüste. Zudem befahl er Marvan, dem Gouverneur in Medina, es zu verhindern, dass Abuzar von den Menschen begleitet wird. Aus Angst vor Repressalien wagte es schließlich niemand Abuzar zu begleiten, außer Ali (a.) und einige Hashimiten. Kurz nach der Verbannung, starb der alte Sahabi Abuzar in der Wüste Rabaza.
Auch diese Untat Uthmans verbreitete sich rasch in den Provinzen. Die Muslime versammelten sich in den verschiedenen Provinzen und waren alle voller Zorn. Aus Ägypten kamen massenweise protestierende Muslime nach Medina, was dazu führte, dass Uthman in Todesangst geriet. Er sah kein Ausweg mehr und fühlte sich bedroht. Schließlich bat er Ali (a.) um Hilfe. Er schien Reue zu zeigen. Folglich sprach Ali (a.) zu den Ägyptern: „Ihr seid doch für Recht und Gerechtigkeit aufgestanden. Nun Uthman hat mit mir gesprochen. Er bereut seine ungerechten Taten und verspricht eure Wünsche innerhalb von drei Tagen zu erfüllen. Er hat sich auch dazu bereit erklärt, die tyrannischen Gouverneure in Ägypten vom Amt zu nehmen.“
Ali (a.) schloss, stellvertretend für Uthman, mit den Vertretern der Ägypter einen Vertrag ab. Somit zogen die Ägypter sich in ihre Heimat zurück. Auf dem Weg nach Ägypten trafen sie zufällig den Boten Uthmans. Dieser war ebenfalls auf dem Weg nach Ägypten und hatte es sehr eilig. Daraufhin wollten die Ägypter aus Neugierde wissen, worum es sich denn handle. Sie hielten den Mann auf und durchsuchten ihn. Dabei fanden sie den Brief von Uthman, der an den Gouverneur Ägyptens gerichtet war. Darin hieß es:
„Im Namen Allahs. Wenn Abdurrahman ibn Adis bei Dir ankommt, so bestrafe ihn mit hundert Peitschen, schneide ihm den Bart ab und werfe ihn anschließend für mehrere Jahre ins Gefängnis. Dasselbe tue mit Amru ibn Alhomoq, Sudan ibn Hamran und Aorwat ibn Naba!“
Diese genannten Männer waren die Anführer der Ägypter. Die Ägypter waren empört, sie nahmen den Brief und kamen nach Medina zurück. Angekommen bei Uthman, beschuldigten sie ihn damit, sie verraten zu haben. Uthman dagegen leugnete den Brief. Die Ägypter hatten den Brief jedoch Uthmans persönlichen Boten entnommen. Uthman behauptete, dass sein Bote den Brief ohne sein Wissen überbringen wollte. Die Ägypter hatten jedoch auch Uthmans persönliches Kamel, welches der Bote geritten ist, erkannt. Dem brachte Uthman entgegen, dass der Bote sein Kamel gestohlen hatte. Schließlich wiesen die Ägypter auf die Schrift im Brief, die von Uthmans Sekretär stammt. Uthman wies jedoch auch dies von sich und behauptete, dass auch dieser ohne sein Wissen gehandelt hätte. Letztlich genügte dies den Ägyptern. Sie waren der festen Überzeugung, dass Uthman weder die Würde noch die Fähigkeit dazu hatte Kalif zu bleiben. Sie sagten: „Wenn deine Leute mit deiner Erlaubnis den Brief geschrieben haben, dann bist du ein Verräter. Wenn sie dies tatsächlich ohne dein Wissen taten, dann bist du nicht dazu fähig Kalif zu sein. Nun schreibe sofort deinen Abdankbrief.“ Daraufhin hat Uthman die Ägypter hinaus werfen lassen.
Uthman wurde jetzt bewusst, dass er die Regierungsgewalt nicht mehr besitzen wird.
Ein typisches Beispiel für Uthmans Gouverneure ist:
Uthmans Stiefbruder, Walid ibn Aqaba. Er war Gouverneur in Kufa. Er war ein Alkoholiker! Eines Morgens ging er in die Moschee und stand als Vorbeter. Er war stark betrunken. Das Morgengebet mit zwei Rakat, betete er mit vier Rakat.
Die Haltung Uthmans gegenüber seinen Kritikern:
Eine Gruppe von bekannten und vornämlichen Kufiten ging zu Uthman, nach Medina. Sie beschwerten sich dort über Walid. Uthman widersprach diesen Männern und beschuldigte sie als Verleumder. Er befahl die Männer auszupeitschen.
Die Folgen:
Tag für Tag wurde Uthman für die Menschen unerträglicher. Uthman war das jedoch gleichgültig. Eines Tages ging er in die Moschee und verteidigte vor allen Menschen seine Gouverneure und Beamten und bedrohte seine Kritiker. Die Medinenser sahen endlich ein, dass Uthman unverbesserlich und unerträglich war. Und erhoben sich gegen ihn.2
1 Buch: Morawwigu Azzahab, Band 1, S. 435.
2 Bemerkung: Vor allem Talaha, Zubayr, Hafaza (Umars Tochter bzw. die Frau des Propheten) und Aischa erhoben sich gegen Uthman. Sobald Uthman seine Existenz in Gefahr sah, bat er die Gouverneure von Shamat (Syrien), Muaviya ibn Abu Sufyan und die Gouverneure von Basra um militärische Unterstützung. Damit beabsichtigte er, die Protestierenden zu bestrafen. Als die Medinenser jedoch davon erfuhren, stürmten sie den Palast von Uthman und töteten ihn. Das Geschehen ereignete sich in dem Jahr 35 n.H. (659 n. Chr.). Uthman war zu dem Zeitpunkt 82 Jahre alt. Er regierte zwölf Jahre über die islamische Welt.