Die Emigration des Heiligen Propheten (s.a.)
Ein Grund dafür, dass die Stadt Medina als Emigrationsort gewählt wurde, lag darin, dass der Islam in Medina verbreitet war. Jedes Mal wenn die Händler und Geschäftsleute aus Medina nach Mekka kamen, wurden sie vom Propheten besucht und der Heilige Prophet lud sie zum Islam ein. Diese Besuche trugen schon bald ihre Früchte aus.
Nach dem Tod von Chadidscha (a.), aber besonders nach dem Tod von Abu Talib wurde die Situation für den Heiligen Propheten bedrohlich. Der Prophet war in Lebensgefahr. In dieser Zeit kam eine Gruppe von Händlern, aus dem Stamm AAOS, aus Medina nach Mekka und besuchte den Heiligen Propheten. Sechs von ihnen nahmen anschließend den Islam an. Als sie nach Medina zurückkehrten, luden sie ihre Mitbürger ebenfalls zum Islam ein. Kurz darauf kamen 70 Männer aus Medina nach Mekka. Sie besuchten den Heiligen Propheten, nahmen den Islam an und sie luden den Propheten ein, nach Medina zu emigrieren. Sie versprachen ihm ihre Hilfe und Unterstützung.
Der Islam verbreitete sich rasant, in Medina. In Medina lebten keine Qureisch. Dort wurden die Muslime nicht unterdrückt wie in Mekka. Deshalb empfahl der Heilige Prophet den Muslimen nach Medina zu ziehen. Die bedrohten Muslime folgten den Anweisungen des Propheten und zogen heimlich nach Medina. Die Emigrierten wurden in Medina herzlich empfangen. Der Heilige Prophet selbst wünschte sich auch nach Medina zu emigrieren. Aber er wartete auf Allahs Zustimmung.
In dieser Zeit geschah etwas Wichtiges. Die Qureisch entschieden sich den Propheten zu töten. Da Abu Talib und Chadidscha (a.) schon gestorben waren und der Schutz des Propheten durch diese nicht mehr gewährleistet war, wurden die Häuptlinge und Stammesführer der Götzendiener aktiver. Sie versammelten sich in einer geheimen Ratsitzung. Nach Besprechung und Erörterung der Lage entschieden sie, dass aus jedem Stamm ein bewaffneter Mann kommen soll und sie alle gemeinsam ins Haus des Heiligen Propheten eindringen und den Propheten in seinem Schlafbett töten. Diese Sitzung war streng geheim. 40 Stämme beteiligten sich an der Sitzung und dem Mordplan. Dadurch wollten sie verhindern, dass die Hashimiten für Muhammads (s.a.) Blut Rache nehmen. Schließlich könnten die Hashimiten nicht gegen 40 Stämme kämpfen.
Nach dieser Besprechung vereinbarten sie auch die Zeit für die Ermordung des Propheten. Kurz darauf informierte Allah, der Erhabene, seinen Gesandten über jene Sitzung und forderte den Propheten auf Mekka zu verlassen und nach Medina zu emigrieren. Allah empfahl dem Propheten Mekka in jener Nacht zu verlassen, in der er ermordet werden sollte.
Somit plante der Heilige Prophet seine Auswanderung. Er musste die Stadt heimlich verlassen, damit die Qureisch es nicht merkten. Außerdem hatte er die bewaffneten Mörder um sein Haus so zu überlisten, sodass sie denken sollten, dass der Heilige Prophet in seinem Bett liege und schlafe. Dafür musste der Prophet jemanden finden, der bereit war sich in das Bett des Propheten hinzulegen um die Mörder zu täuschen. Aber wer könnte bereit sein diese Rolle zu übernehmen und seinen Körper, den vierzig scharfen Schwerter anzubieten?
Nun sprach der Heilige Prophet zu Ali (a.) und erzählte ihm, dass er nach Allahs Anweisung, Mekka verlassen muss und nach Medina emigrieren soll. Er sagte zu Ali (a.): „Es soll auch heute Nacht geschehen, jemand muss heute Nacht in meinem Bett liegen, damit die Mörder getäuscht werden.“ Ali (a.) antwortete rasch: „Ich bin bereit!“ Ali (a.) fragte daraufhin den Heiligen Propheten: „Wenn ich in deinem Bett liege, wirst du Medina heil erreichen?“
Der Prophet antwortete: „INSHALLAH! Ja!“
Diese Geschichte ist im Koran so geschrieben:
„Und (gedenke der Zeit) da die Ungläubigen Ränke schmiedeten wider dich, dass sie dich gefangen nehmen oder dich töten oder dich vertreiben. Sie planten, auch Allah plante, und Allah ist der beste Plänemacher.“1
Der Prophet warnte Ali (a.) und sagte weiter: „Oh Ali! Diese Aufgabe ist zu gefährlich. Die Mörder wollen mein Zimmer überfallen, um mich im Schlaf zu töten.“
Während der Prophet über die Gefahren redete, schaltete sich Ali (a.) ein und fragte: „Gibt es etwas anderes als zu sterben? Es ist doch für mich ein Glück, für dich zu sterben! Kann es für mich noch ein größeres Glück geben, als das für dich und den Islam zu sterben?“
Als der Prophet solche freundliche Worte aus Alis (a.) Mund hörte, küsste er Alis (a.) Augen und verabschiedete sich. Damals war Ali (a.) 23 Jahre alt.
Auf dem Weg nach Medina traf der Prophet zufällig Abu Bakr auf der Straße und nahm ihn mit nach Medina. Die Nacht verbrachten sie in einer Höhle namens „Thur“, die sich ein paar Kilometer außerhalb von Mekka befand. Das Geschehen war viel zu überraschend für Abu Bakr, der nicht darauf vorbereitet war. Er war unruhig und beängstigt, deshalb musste der Heilige Prophet Muhammad (s.a.) ihn trösten und beruhigen.
„…und er (Muhammad (s.a)) sprach zu seinem Begleiter (Abu Bakr) Trauere nicht, denn Allah ist mit uns.“ 2
Hierzu lesen wir in allen islamischen Geschichtsbüchern, u.a. in Fusul Almuhimma: „Während Ali in jener Nacht im Bette des Propheten lag, sprach Allah zu den Engeln Gabriel und Michael: „Nehmt an, Ich hätte euch verbrüdert, und wollte einem von euch ein längeres Leben als dem anderen geben. Nun, welcher von euch wäre bereit, dem anderem das längere Leben zu schenken?“. Die Engel fragten Allah: „Sind wir frei zu entscheiden oder gezwungen?“, Allah antwortete: „Ihr seid frei zu entscheiden.“ Als keiner von den Beiden bereit war, dass kürzere Leben zu akzeptieren, sagte Allah zu beiden: „Ich habe zwischen Meinem Vali (= Freund, gemeint ist Ali (a.) und Meinem Gesandten (Muhammad (s.a.)) ein Brüderbund geschlossen. Siehet da, wie Ali im Bette Muhammads (s.a.) liegt und bereit ist, sein Leben seinem Bruder zu opfern. Geht beide auf die Erde! Schützt Alis Leben vor seinen Feinden!“.
Nun kamen die beiden Engel zur Erde. Gabriel stand bei Alis Kopf und Michael stand vor seinen Füßen.
Dann sagten beide zu Ali: „Sehr schön, sehr schön! O Ali ibn Abu Talib, wer könnte wie du sein? Deinetwegen preist sich Allah vor seinen Engeln.“3
Nun in jener Nacht wurde das Haus des Propheten von 40 bewaffneten Männern belagert. Im Morgengrauen stürmten die Männer das Haus. Erstaunend sahen sie nicht Muhammad (s.a.) im Bett sondern Ali (a.). Sie waren schockiert und sagten: „Was?! Du! Ali?“ Blitzartig stand Ali (a.) auf und schrie: „Was wollt ihr hier?“
Die Mörder waren erschrocken und fragten: „Wo ist Muhammad?“
Ali (a.) antwortete: „Ich war nicht sein Wächter und ihr habt ihn mir nicht übergeben.“ Aus der Reihe schrie einer: „Versenkt ihn, in sein eigenes Blut. Er ist der Wächter Muhammads (s.a.)!“
Ali (a.) erhob sein Schwert und schrie: „Leider hat mir der Prophet nicht erlaubt euch zu bestrafen, sonst hätte ich euch in diesem Moment vernichtet. Zum Teufel mit euch! Haut ab! Ihr verwirrtes Volk!“
Enttäuscht und zornig verließen die Männer das Haus. Die Götzendiener nahmen einige Pfadfinder mit und suchten nach Fußspuren des Propheten. So kamen sie an die Höhle Thur an, aber der Eingang der Höhle war voller Spinngeweben, sodass keiner hineingehen konnte. Dann sagten die Pfadfinder: „Entweder ist der Mann in die Erde versunken oder er ist in den Himmel aufgestiegen.“ Keiner wagte sich in die Höhle zu gehen. So blieben der Prophet und Abu Bakr am Leben. Sie gingen in den nächsten Tagen nach Medina. Wegen seines edlen Mutes preiste Allah Ali (a.) mit dem Vers 207 in Sure 2:
„Und manch einer unter den Menschen würde sich selbst verkaufen in Trachten nach Allahs Wohlgefallen. Und Allah ist gütig, gegen die Diener.“4
Ali (a.) verließ Mekka und brach mit seiner Mutter, der Tochter des Propheten, Fatima (a.) und einigen gebrechlichen Muslimen, ein paar Tage nachdem der Prophet (s.a.) Medina schon erreicht hatte, nach Medina auf. In einem Vorort von Medina namens „Qoba“, wartete bereits der Prophet (s.a.) auf Alis (a.) Ankunft, um mit ihm zusammen in Medina einziehen zu können.
Wie auch in Mekka, verfolgte Ali (a.) den Propheten (s.a.) auf Schritt und Tritt und wich ihm nicht von der Seite.
In diesem Jahr begann auch die islamische Zeitrechnung, zum damaligen Zeitpunkt, 624 n. Chr. Dem Mondkalender entsprechend ist das Jahr 2010 n. Chr. das Jahr 1432 n. H. In diesem Jahr schloss der Heilige Prophet Muhammad (s.a.) eine Art Brüderpakt/ Verbrüderung zwischen den Medinensern (die sog. Ansar; Helfer) und den Mekkanern (die Muhadschirun; Emigranten). Dabei wurde jeder „Helfer“ mit einem „Emigranten“ verbrüdert, der gleich oder fast ähnliche Charaktereigenschaften besaß.
In sämtlichen islamischen Geschichtsbüchern, wie zum Beispiel in Fusul Almuhimme, steht Folgendes geschrieben:
„Der Prophet hat zur Verbrüderung zwischen Muhadschirun (Emigranten) und Ansar (Helfer), diejenigen miteinander verbrüdert, die etwa einen gleichen Charakter hatten. Nachdem alle ihren Bruder zugeteilt bekommen haben, wartete Ali (a.) immer noch auf seinen Ansar- Bruder, aber der Prophet hielt keinen Ansar für ihn bereit. Dann fragte Ali (a.) den Heiligen Propheten (s.a.): „O Gesandter Allahs! Ich bin alleine! Wer ist mein Ansar- Bruder?“ Der Prophet antwortete: „Dein Bruder bin ich! Ja, ich bin doch dein Bruder!“5
Unter allen Muslimen war die Verbrüderung eines Muhadschirun (Emigrant) mit einem entsprechenden Ansar (Helfer) die Regel. Die Verbrüderung des Heiligen Propheten (s.a.) mit Ali (a.) stellte die einzige Ausnahme dar! Damit wollte der Heilige Prophet den Rang Alis (a.) klarstellen.
Später dann, im zweiten Jahr n.H. hat der Heilige Prophet Muhammad (s.a.) seine Tochter Fatima (a.) mit Ali (a.) heiraten lassen.
„Der Prophet sagte zu Ali: „O Ali! Allah, der Erhabene, hat mir befohlen, dir Fatima zur Frau zu geben.“6
In diesem Jahr erlaubte Allah den Muslimen, sich mit Waffen gegen die Götzendiener zu verteidigen. Die Muslime warteten schon seit vielen Jahren sehnsüchtig auf die Erlaubnis Allahs und verteidigten sich nun gegen die Sabotagen der Quraisch.
In allen Kriegen und Kämpfen war Ali ibn Abu Talib (a.) ausnahmslos der Fahnenträger des Islams. Ali (a.) kam niemals ohne einen Sieg errungen zu haben zurück. Deswegen wurde ihm der Ehrentitel „Assadullahe Qalib“ (Allahs Sieger) zugeteilt. Des Weiteren bezeugen alle islamischen Geschichtsschreiber, dass es ohne den Reichtum Chadidschas (a.) und ohne Alis Schwertstreich gegen die Götzendiener und arabischen Tyrannen, den Islam nicht gegeben hätte. Ali vernichtete mit seinem Mut und seinem Schwert die Angreifer, Götzendiener und ihre Helden.
1 Sure 8,Vers 30.
2 Sure 9, Vers 40.
3 Buch: Fusul Almuhimma, Seite 33.
4 Bemerkung: Alle Islamischen Geschichtsschreiber wie Kifayat at Talib, Seite 239; Shawahid at Tanzil, Band 1, Seite 96, haben geschrieben:
„Der Vers gehört ALI ibn ABU TALIB (a.) wegen seiner Kühnheit in jener Nacht.“
5 Buch: Fusul Almuhimme, Seite 22.
6 Buch: Fusul Almuhimme, Seite 22.