Die Wahl von Ali (a.) zum Kalifen
Die Muslime versammelten sich nach dem Tod von Uthman in der Moschee des Heiligen Propheten. Eine wichtige Entscheidung lag bevor. Wer sollte nun der nächste Kalif werden? Die Stimmung war aufgebracht. Die Bevölkerung hatte während der zwölf jährigen Regierung Uthmans viel gelitten. Besonders die letzten zwei Jahre waren für viele unerträglich. Umso schwieriger fiel die neue Entscheidung, denn diesmal wollten die Muslime einen fähigen und gerechten Mann wählen. Sie hatten schließlich viele Erfahrungen gesammelt, die nicht unbedingt positiv waren. Zudem hatten sie politisch wie auch gesellschaftlich viel gelernt.
Unter den Versammelten befanden sich auch die Anhänger von Ali (a.), die Schiiten, wie z.B. Salman Farsi, Ummar Yasir, Malik Ashtar. Ali (a.) seine Anhänger erzählten der Runde von Alis (a.) wertvollen Charakter, seinen Verdiensten und Wohltaten für den Islam. Zum Vergleich erzählten sie auch über die Bid‘ah, die die vorherigen Kalifen in den Islam einführten. Schließlich schlugen diese Ali (a.) als den neuen Kalifen vor. Die Shiiiten überzeugten die Anwesenden, wonach sich alle einig waren, dass Ali (a.) der neue Kalif werden sollte. Sie machten sich gemeinsam auf den Weg zu Ali (a.) und baten ihn um die Annahme des Kalifats. Ali (a.) lehnte das Angebot jedoch ab. Die Muslime blieben aber hartnäckig und versuchten Ali (a.) zu überreden. Es kamen immer mehr Muslime dazu. Der Massendrang wurde so groß, dass Ali (a.) um das Leben seiner Familie fürchtete. Letztlich ließ Ali (a.) nach, er wusste, dass er als Imam (Masum) die Führungsposition der Ummah akzeptieren musste, wenn die Ummah es wollte.
Dennoch versuchte er dies zu vermeiden und sagte zu den Anwesenden: „Ihr könnt mich als Kalif nicht dulden. Ich als Kalif und ihr als Bürger – das ist schwierig, denn ich kann keine Rechtswidrigkeiten dulden.“ Je mehr Ali (a.) sich weigerte, desto größer wurde der Drang. Die Anwesenden entgegneten alle wie vereinbart: „Oh Ali, wir verlassen dich nicht bevor wir mit dir die Bayat geschlossen haben.“ Ali (a.) sah schließlich keinen Ausweg mehr und bat die Anwesenden sich in der Moschee zu versammeln, damit die Bayat in der Öffentlichkeit geschehen und jeder nach seinen freien Willen diese erklären sollte. Die Muslime stürmten nun in die Moschee und warteten auf Ali (a.). Als er dann kam, schwuren sie alle Ali (a.) den Treueid. Natürlich gab es Ausnahmen und nicht das gesamte Volk war davon begeistert, dass Ali (a.) nun der neue Kalif war, darunter z.B. Abdullah ibn Umar1 oder Sad Waqqas. Diese sprachen Ali (a.) nicht ihren Treueid.
Ali (a.) war sich seinen Aufgaben und seiner Verantwortung als Kalif bewusst. Er machte sich noch am selben Tag Gedanken über seine Vorgehensweise und teilte diese gleich am nächsten Tag den Muslimen mit. Er sagte: „Ihr sollt wissen, dass ich euch nach Recht und Gerechtigkeit führen werde. Ich werde die Sunnat (Brauch) des Propheten genau anwenden, die seit Jahren in Vergessenheit geraten sind.“
Zunächst versprach er alle gestohlenen oder widerrechtlich in Besitz genommenen Volkseigentümer (Baytolmal) zurück zu gewähren. Er vertrat, dass unter den Menschen nur die Gottesgesetze gelten dürfen und alle vor ihm gleich sind. Er verkündete, dass er die Tugendhaften sehr hoch schätzt, Gerechtigkeit verlangt und ihm die Armen und die Entrechteten näher liegen als die Reichen und die Unterdrücker. Hinzufügend sagte er (a.): „Araber wie Nichtaraber, Sklaven wie Frauen, Schwarze wie Weiße sind alle vor islamischem Recht und Gesetz gleich. Ihr bekommt alle gleiche Anteile…“
Er ordnete an, das Eigentum Uthmans seinen Erben zu übergeben und das übrig gebliebene Baytulmal (Volkseigentum) zu beschlagnahmen ist. Das Baytulmal verteilte er anschließend unter den Muslimen, jeder bekam drei „Dinar“.
Dadurch, dass Ali (a.) alle gleich behandelte, fühlten sich die Araber und die Reichen beleidigt, denn diese seien, ihrer eigenen Meinung nach, mit den Sklaven und Nichtarabern nicht gleichzustellen gewesen. Die Privilegierten verstanden spätestens jetzt, dass Ali (a.) nicht wie die Kalifen vor ihm war. Berühmte, reiche Männer wie z.B. Talha, Zubayr oder Marwan konnten ihre Gleichbehandlung mit frei gesprochenen Sklaven nicht ertragen, sie setzten sich zusammen, um Alis (a.) Kalifat zu sabotieren.
Dennoch wurde Ali (a.), nach dem Tod Uthmans, zum Kalifen ernannt. Ein wichtiger Lebensabschnitt, welcher 25 Jahre gedauert hatte, ging somit zu Ende. Ali (a.) hatte über all die Jahre sehr schwere Zeiten zu dulden. Er musste zusehen wie einst Götzendiener und die Söhne der Götzendiener wie u.a. Muaviya, Amruas und Walid oder auch die Wüstenaraber, als Gouverneure und Beamten der Kalifen, mit Nichtarabern bzw. neuen Muslimen im Namen Allahs, Muhammads (s.a.) und des Islams handelten. Alles, was diese Menschen taten bzw. unterließen stand im Widerspruch zu dem Brauch (Sunnat) des Propheten. Ali (a.) war jedoch gezwungen, diese Unvereinbarkeiten mit der Sunna des Propheten, zu dulden. Schließlich hatte der Heilige Prophet Ali (a.) die Geduld empfohlen. Er musste aus Liebe zum Islam und um die Existenz des Islam nicht zu gefährden geduldig sein. Ali (a.) beschrieb seine Gefühle in jener Zeit so; „als wenn ein Mann ein Stück Knochen in der Kehle habe, welches er weder schlucken, noch ausspucken könne.“ Er versuchte seine Gefühle auch zu beschreiben indem er sagte, er habe 25 Jahre eine Qual gespürt, als hätte er ein Sandkorn in den Augen, welches er nicht raus bekam. Trotz des schmerzhaften Empfindens und der Weisheit, geduldig zu sein, blieb Ali (a.) niemals passiv. Er vollzog entscheidende Taten für den Islam.
-
Ali (a.) sammelte die Verse des Heiligen Korans und ordnete diese nach dem zeitlichen und thematischen Hinabsenden. Später band er (a.) diese wertvollen Seiten zu einem Buch zusammen. Den ersten Koran (als Buch) schrieb Ali ibn Abu Talib (a.).
-
Er schulte seine Freunde in der Umgebung mit den islamischen Wissenschaften.
-
Ali (a.) baute viele Brunnen, die zum Teil Heute noch in Medina existieren und kultivierte Brachländer. Er baute Dattelbaumgärten und stiftete solche.
1 Der Sohn des zweiten Kalifen Umar.